Digitale Erlebnisse halten immer mehr Einzug in unsere Gesellschaft – insbesondere jetzt, inmitten einer globalen Pandemie. Angesichts des Wandels hin zur Digitalisierung haben sich auch Unternehmen darauf eingestellt, ihren Kund*innen die erforderlichen Tools an die Hand zu geben, um in dieser digitalen Welt erfolgreich zu sein. Aber wenn die Tools, die für den Aufbau digitaler Erlebnisse benötigt werden, immer benutzerfreundlicher werden, wie schafft man es dann, sich durchzusetzen, um mehr Engagement und Akzeptanz zu erreichen? Eine Möglichkeit ist der Einsatz einer Empathy Map.
„Wenn Menschen reden, höre ihnen zu. Die meisten Menschen hören niemals zu.“ – Ernest Hemingway
Bei Tadpull, einem NetSuite eCommerce Software- und Dienstleistungsunternehmen, haben wir festgestellt, dass die beste Vorgehensweise bei der Entwicklung deines Produkts oder deiner Erfahrung darin besteht, mit deinen Nutzer*innen zu sprechen und ein Verständnis für ihre Bedürfnisse und Wünsche zu entwickeln. Das ist zwar keineswegs eine neue Idee, aber viele Teams sind nicht in der Lage, die gewonnenen Informationen zu erfassen und in konkrete Erkenntnisse umzusetzen.
Das Erfassen von Nutzerfeedback kann sich manchmal so anfühlen, als würde man aus einem Feuerwehrschlauch trinken:
Um dieses Chaos in den Griff zu bekommen, nutzen wir ein Verfahren namens Empathy Mapping. Diese Methode stammt aus dem Bereich des Design Thinking oder des Human-centered Design und liefert eine sogenannte Empathy Map.
Auch wenn der Begriff kompliziert klingen mag, ist eine Empathy Map eigentlich nur ein Werkzeug, das dir beim aktiven Zuhören hilft, wenn du mit Nutzer*innen oder Kund*innen sprichst. Mit einer solchen Karte kannst du dein Feedback leichter in ein Vier-Quadranten-Systemein ordnen und entsprechend kategorisieren, was die Personen sagen, denken, fühlen und tun.
Die Nielsen Norman Group bietet hierzu eine passende Definition: “Eine Empathy Map ist eine kollaborative Visualisierung, die dazu dient, das, was wir über einen bestimmten Nutzertyp wissen, darzustellen. Auf diese Weise wird das Wissen über die Nutzer*innen nach außen getragen, um 1) ein gemeinsames Verständnis für die Bedürfnisse der Nutzer*innen zu schaffen und 2) die Entscheidungsfindung zu unterstützen.”
Zwischen der Idee, der Entwicklung und der Markteinführung eines neuen Produkts oder Erlebnisses werden die emotionalen Beweggründe der Nutzer*innen oft verzerrt, gehen verloren oder werden gar ignoriert.
Mit einer Empathy Map können wir, die wir forschen, entwickeln, programmieren und Produkte auf den Markt bringen müssen, ein einheitliches System schaffen, das uns dabei hilft, in bestimmte Bereiche einzuordnen. Auf dieser Basis können die Teams kohärente Ziele formulieren, die die logischen und emotionalen Beweggründe der Nutzer*innen, sich auf eine Marke einzulassen, genau auf den Punkt bringen.
Letztlich hilft eine Empathy Map den Teams nicht nur dabei, Produkte und Erlebnisse zu entwickeln, die stärker auf den Menschen ausgerichtet sind, sondern sie stellt auch sicher, dass sämtliche Teams im Unternehmen ihre Kund*innen verstehen und deren Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen.
Nehmen wir an, du testest einen neuen Prototyp einer mobilen Online-Banking-App, die sich an ältere Nutzer*innen richtet. Wahrscheinlich hast du zu diesem Zeitpunkt bereits eine Reihe von Annahmen und Vorstellungen darüber, was diese Menschen wollen und brauchen.
Zudem steht dir nur ein begrenztes Budget für das Marketing und die Programmierung zur Verfügung. Das heißt: Du musst sicherstellen, dass du die für deine Kund*innen wichtigsten Funktionen ausfindig machst und diese in deinem nächsten Sprint berücksichtigst. Um sicherzugehen, dass du nur Funktionen entwickelst, die deine Kund*innen wirklich brauchen, und um die Zustimmung der internen Stakeholder zu gewinnen, beschließt du, eine Empathy Map zu erstellen.
Im Folgenden erfährst du, wie du dabei vorgehen kannst.
Setz dich mit deinem Team zusammen und bestimme ein oder zwei Kernfragen, auf die ihr zunächst eine Antwort benötigt. Auch wenn jedes Teammitglied womöglich unterschiedliche Vorstellungen hat, ist es notwendig, die Bereiche zu identifizieren, in denen sich jeder am sichersten fühlt. Diese Bereiche liegen oftmals nicht direkt auf der Hand. Sie gehören sogar zu den undurchsichtigsten Bereichen und bergen damit das größte Risiko, dein Budget oder deinen Zeitplan zu sprengen).
Zum Beispiel: „Was sind die drei Dinge, die ein*e Nutzer*in im Alter von 50–65 Jahren mit nur einem Handgriff in unserer mobilen Banking-App tun möchte, während er oder sie in der Schlange vor einem Café steht?“
Ein realistisches Szenario könnte etwa so aussehen: Ein*e 55-jährige*r Nutzer*in mit Arthritis möchte mittels weniger Fingertipps in unserem eCommerce-Shop einkaufen und bezahlen, während er oder sie in der Schlange für einen Kaffee steht.
Achtung: Der Kontext, in dem diese Erfahrung stattfinden wird, ist zwar ein kleines Detail, das aber große Auswirkungen hat. Eine Schlange vor einem Café birgt zahlreiche Ablenkungen und drängelnde Menschen, aber die meisten von uns erledigen gerade dann kleine Aufgaben wie Einkaufen oder Bankgeschäfte.
Eine genaue Frage mit konkreten Parametern hilft dir, dich auf deine Aufgaben zu konzentrieren und sicherzustellen, dass alle im Team mitziehen.
Profi-Tipp: Wenn du Stakeholder mit festen Ansichten und eventuell auch Vorurteilen hast, solltest du sie schon in dieser frühen Phase des Projekts von der zentralen Fragestellung überzeugen. Stelle dazu alle verfügbaren Analysedaten zusammen, wie z. B. die Abbruchrate bei mobilen Einkäufen nach Alter – das erhöht sofort deine Glaubwürdigkeit. Wenn du es richtig machst, fühlen sie sich in den Prozess eingebunden. Wenn du bei diesem entscheidenden Schritt erfolgreich bist, kannst du sicherstellen, dass alle anderen Schritte reibungslos ablaufen. So verhinderst du, dass du die Nutzerinterviews wiederholen musst, wenn sie von deiner Vorgehensweise nicht überzeugt sind.
Wenn du eine Forschungslösung wie die Human-Insight-Plattform von UserTesting verwendest oder UX-Studien persönlich durchführst, ist es entscheidend, im Voraus ein genaues Skript zu erstellen.
Mach dir Gedanken zu folgenden Punkten:
Profi-Tipp: Sei in deinen Anweisungen hier besonders deutlich. Wenn du einen Nutzertest für das obige Beispiel durchführen würdest, könntest du die Nutzer*innen im ersten Schritt daran erinnern, dass es dir nicht um ihre persönlichen Markenpräferenzen geht.
Erwähne stattdessen, dass du nur Ideen testest und herausfinden willst, was ihrer Meinung nach nicht funktioniert oder einfacher sein könnte. Versichere ihnen, dass es keine falschen Antworten gibt und du einfach daran interessiert bist, ihre Erfahrungen an bestimmten Punkten des Prozesses zu beobachten.
Wenn du dir nicht sicher bist, wie du dies vermitteln sollst, ist „Wir brauchen deine Hilfe, um unsere Angebote/Produkte zu verbessern“ ein hervorragender Einstieg, um sie zu motivieren, sich wirklich zu beteiligen.
Wir empfehlen, mindestens einen oder zwei Pilotversuche durchzuführen, bevor du eine vollständige Studie startest. So können unnötige Ausgaben und Zeitverluste vermieden werden. Das kann in vielen Fällen auch offline mit einem oder einer zufälligen Bekannten oder einem Familienmitglied erfolgen. Achte nur darauf, dass sie zu deiner Zielgruppe passen und technisch versiert sind, um Konsistenz zu gewährleisten. Ein Millennial wird mobile Einkäufe wahrscheinlich ganz anders angehen als ein Baby-Boomer.
Führe den Test genauso durch, wie du es mit allen anderen Testteilnehmer*innen tun würdest. Denke daran, nicht voreingenommen zu sein und dem Drang zu widerstehen, deine Testteilnehmer*innen zu coachen. Jeder dabei auftretende Reibungspunkt weist auf eine Schwachstelle in deinem Skript hin, also solltest du dir eine Notiz machen, um diese zu verbessern.
Du wirst wahrscheinlich überrascht sein, dass vermeintlich einfache Teile deines Testskripts von den Testteilnehmenden als etwas verwirrend empfunden werden. Oft führt die Verwirrung dazu, dass die Testteilnehmenden mit ihrem Feedback einen falschen Weg einschlagen und deine Daten auf diese Weise durcheinanderbringen.
Achte darauf, die Schwachstellen und blinden Flecken zu finden und dein Skript entsprechend anzupassen. Beziehe dich immer wieder auf deine eine große Frage, um sicherzustellen, dass du die Informationen bekommst, die du brauchst, um Entscheidungen über Produkteigenschaften oder Design zu treffen.
Das ist der Punkt, an dem die meisten Leute bei der qualitativen Forschung im Rahmen von Nutzertests den Faden verlieren. Die Schritte 1 bis 3 können bereits ziemlich viel Arbeit mit sich bringen, sodass viele Leute denken, dass sie den Testprozess damit abhaken und mit dem Design oder der Programmierung beginnen können. Allerdings muss noch etwas mehr getan werden, um die Daten in wichtige Erkenntnisse zu verwandeln.
Das kann abschreckend sein und möglicherweise möchtest du schnell zu bestimmten Teilen deiner Tests springen und nicht die ganze Erfahrung erfassen. Oder du konzentrierst dich auf eine*n besonders charismatische*n oder leidenschaftliche*n Nutzer*in, der oder die ein tolles Feedback gegeben hat, wodurch der Durchschnitt verfälscht wird.
Wenn du dir das ganze Feedback anhörst und die Daten zusammenfasst, kannst du die richtigen Prioritäten festlegen und deine Ressourcen sinnvoll einsetzen.
Hier kommt die Kunst des aktiven Zuhörens ins Spiel. Empathy Maps bieten einen Rahmen für die Auswertung der Daten im Anschluss an die Interviews. Genau hier liegen die eigentlichen Signale für das Erkennen bestimmter Muster – nämlich zwischen Emotionen und logischem Denken. Unser Ziel ist es, diese Daten von Aussagen wie „Ich mag das Produktbild nicht“ zu trennen und jene Aussagen zu finden, die goldwert sind: „Oh, ich liebe Funktion X und benutze eine ähnliche Funktion jeden Tag beim Einkaufen bei einem anderen Unternehmen.“
Um diese Muster zu erkennen, bedarf es eines systematischen Ansatzes, um alle Kommentare aus unseren Nutzerinterviews zu strukturieren.
Die Empathy Map bietet einen praktischen Rahmen, mit dem du das Feedback deiner Nutzer*innen in vier einfache Quadrate einteilen kannst: Sagen, Denken, Handeln und Fühlen.
Bevor du weitermachst, nimm dir einen Moment Zeit, um dein Team über deine Ziele zu informieren, ebenso wie über die Ergebnisse, die als erfolgreich gelten würden.
In unserem Beispiel könnte das etwa so aussehen: Ein*e Nutzer*in mit Arthritis kann mit wenigen Fingertipps in unserem Geschäft einkaufen, mit dem Handy bezahlen und das alles, während er oder sie in der Schlange für einen Kaffee steht.
Nimm dir einen Stapel Haftnotizzettel und weise jedem deiner Testteilnehmenden eine eigene Farbe zu, die er oder sie an den Rand der Leinwand klebt. Jede*r Testteilnehmende erhält einen entsprechenden Farbcode auf der Karte, der die Zuordnung erleichtert und einen klaren Überblick über alle Äußerungen ermöglicht.
Ich würde zudem vorschlagen, eine Kopie der Empathy Map auszudrucken und sie in einem Konferenzraum oder sogar an einem Fenster aufzuhängen. Hier kannst du dein eigenes Exemplar der Empathy Map für Nutzerfeedback von Tadpull erhalten.
Bring dich und dein Team in Stimmung, während ihr die Tests beobachtet und das Feedback strukturiert. Auf diese Weise macht es viel mehr Spaß, die qualitativen Daten zusammenzufassen.
Die vier Bereiche „Sagen“, „Denken“, „Fühlen“ und „Handeln“ spiegeln wider, was Nutzer*innen bei einer Erfahrung durchmachen. Diese einfache Übersicht hat es in sich, denn sie gibt dir ein System an die Hand, mit dem du das Verhalten und die Kommentare deiner Testteilnehmenden auf sehr anschauliche Weise organisieren kannst.
Hier erfassen wir Feedback wie „Das Produktbild gefällt mir nicht“. Betrachte dies als eine Möglichkeit, Feedback und Wissenswertes aus dem Gedankenstrom der Nutzer*innen zu sammeln, während du sie beobachtest. Du musst hier nicht jedes Detail festhalten, aber sollte etwas Interessantes dabei sein, kannst du es auf einer Haftnotiz vermerken.
Der Bereich „Denken“ verrät etwas über die Überzeugungen der Nutzer*innen und die Denkmuster, mit denen sie an das Erlebnis herangehen. So könnte ein*e Testteilnehmer*in zum Beispiel Sicherheitsbedenken haben und aus Angst, dass seine oder ihre Kreditkarte gehackt werden könnte, keine mobilen Einkäufe tätigen. Hier würden wir „Sicherheitsbedenken gegenüber mobilen Zahlungen“ festhalten. Das könnte eine wichtige Erkenntnis sein – vor allem, wenn auch andere Testteilnehmende diese Sorge äußern. Betrachte diese Informationen als Hinweis darauf, ob der Markt für eine derartige Erfahrung bereit ist oder nicht.
Diese Denkweise wird als Cluster auf der Empathy Map auftauchen – und zwar in Form von Haftnotizzetteln – falls sich genügend Nutzer*innen entsprechend äußern. So kannst du sofort feststellen, woran du vielleicht noch arbeiten musst.
Dieser Quadrant konzentriert sich darauf, wie Nutzer*innen die App oder Webseite unmittelbar erleben. Vielleicht fällt auf, wie oft ein*e Testteilnehmer*in versucht hat, sich anzumelden, und wie oft er oder sie gesagt hat: „Ich kann mir mein Passwort nie merken und es ist so lästig, es auf dem Handy zurückzusetzen.“ Oder sie versuchen, als Gast zu bezahlen, und landen im falschen Teil der Webseite.
In diesem Quadranten versuchst du, ihre spezifischen Verhaltensweisen und Handlungen unvoreingenommen zu erfassen. Mach dir Notizen wie „Gast-Checkout -> Einstellungen -> Benutzer*in würde an dieser Stelle aussteigen“, um ihre Aktionen zu erfassen.
Pluspunkte bekommst du, wenn du diese Interaktionen in einem Gittermodell skizzierst, um sie besser Entwickler*innen und Designer*innen näherzubringen. Ein Bild der Muster, die du beobachtest, sagt mehr als tausend Worte (und spart viel Zeit).
Hier findet das eigentliche Zuhören statt und eröffnet die Möglichkeit, ein außergewöhnliches Erlebnis zu gestalten. Dein Ziel ist es, zwischen den Zeilen zu lesen und nachzuvollziehen, wie sich die Emotionen deiner Nutzer*innen bei der Interaktion mit deinem Produkt entwickeln. Wenn die App sie durch ihre Benutzerfreundlichkeit oder ihren praktischen Nutzen überrascht, weißt du, dass du auf dem richtigen Weg bist. „Wow, ich kann mit nur zwei Fingertipps etwas in den Warenkorb legen und zur Kasse gehen, ohne meine Brille aufsetzen zu müssen? Das ist fantastisch!“
Denke daran, dass die Menschen ihre Einkäufe auf der Grundlage von Emotionen tätigen und diese mit logischem Denken untermauern. Die Empathy Map hilft dir, genau dies zu erkennen. Keine Emotionen = keine Logik = keine Annahme des Produkts.
Am Ende des Empathy Mappings solltest du einen Schritt zurücktreten und die verschiedenen Farben betrachten. Hat ein*e Testteilnehmer*in besonders viele Einblicke gewährt, wie die vielen hellgrünen Haftnotizzettel zeigen, die überall auf der Karte verteilt sind? Wenn ja, könnte diese*r Testteilnehmer*in jemand sein, auf den oder die du dich in Zukunft als Poweruser verlassen kannst.
Nimm dir anschließend ein oder zwei Tage Zeit und lass die Ergebnisse in deinem Kopf sacken. Dein Unterbewusstsein wird das Feedback verarbeiten, und der Rest wird es dir erleichtern, die wichtigsten Erkenntnisse herauszufiltern.
Kehre schließlich zu deiner Empathy Map zurück und beginne damit, wirklich wichtige Informationen zu filtern. Auch wenn nicht jeder Kommentar relevant ist, entdeckst du möglicherweise bestimmte Muster, in denen Nutzer*innen immer wieder sagen: „Ich hasse es, mich in mobile Finanz-Apps einzuloggen“. So kannst du erkennen, an welchen Stellen du dein Angebot verbessern solltest.
Eine neue Technik, um effizient zusätzliche Erkenntnisse zu sammeln, ist die Suche nach Online-Bewertungen und das Aufnehmen dieses Feedbacks in deine Empathy Map. Bei Tadpull sucht unser Data-Science-Team oft nach Datensätzen, die online verfügbar sind, und zwar dort, wo sich Nutzer*innen zusammenfinden und Feedback hinterlassen. Im E-Commerce-Bereich können wir beispielsweise Produktbewertungen der jeweiligen Seiten sammeln und mittels bestimmter Verfahren wie der Stimmungsanalyse klassifizieren.
Hier achten wir auf den Tonfall der Wörter und setzen Filter ein, die einer bestimmten Marke und Altersgruppe entsprechen. Für Wörter wie „liebe“ lässt sich ein Bewertungsfaktor von 5 vergeben und für Wörter wie „schwierig“ ein Faktor von -5. Wenn wir die Textbausteine auf diese Weise bewerten, können wir objektiv herausfinden, wie eine Marke oder sogar ein einzelnes Produkt wahrgenommen wird. Als Nächstes vergleichen wir dies mit den Botschaften oder Wertversprechen der Marke im Marketing-Mix, um zu sehen, ob sie übereinstimmen und wo noch Lücken liegen.
Dieser Prozess erfordert zwar ein ziemlich ausgeklügeltes Team, aber es gibt einen tollen Trick für Personen, die keine Programmierer*innen sind: Sie können kostenlose Online-Tools verwenden und eine simple Wortwolke erstellen, die die Häufigkeit der verwendeten Begriffe anzeigt. Es hat sich gezeigt, dass die wichtigsten Interessengruppen diese Art von Informationen besonders schätzen, da sie eine einfache Möglichkeit bieten, die Stimme ihrer Kund*innen zu visualisieren.
Ein weiteres Beispiel: Eine*r unserer Kund*innen aus dem Bereich Luxushotels hat zahlreiche Bewertungen auf TripAdvisor (wie auch seine oder ihre Konkurrent*innen). All diese Daten lassen sich sammeln und in eine Datenbank übertragen, um die Häufigkeit der verwendeten Wörter und den entsprechenden Tonfall zu analysieren.
Aus diesem Datensatz lassen sich Muster ableiten, die zeigen, was die Nutzer*innen in quantitativer Hinsicht über ihre Erfahrungen im Resort sagen. Sie könnten sich zum Beispiel häufig zum Check-in oder zu den saisonalen Freizeitangeboten äußern.
Ähnlich wie auf analogem Weg suchen wir nach clusterartigen Signalen für die Aussagen unserer Nutzer*innen. Auf diese Weise kann man herausfinden, wie die qualitative Nutzerforschung mit den quantitativen Ergebnissen übereinstimmt. All diese Erkenntnisse lassen sich dann im nächsten Sprint in das Online- und sogar Offline-Erlebnisdesign integrieren.
Jetzt denkst du vielleicht: „Wow, das ist eine Menge Arbeit“ und da hast du Recht. Aber lass dich von den zahlreichen Möglichkeiten nicht abschrecken. Es hat sich gezeigt, dass schon nach fünf Tests ausreichend Erkenntnisse vorliegen, um 80 % deiner Ausgangsfrage zu beantworten, die wir zu Beginn des Prozesses mit Unterstützung unserer Stakeholder gestellt haben.
Damit das funktioniert, musst du dich gezielt auf die richtige Frage konzentrieren.
In einer agilen Welt ist dies in der Regel ein hinreichendes Signal, um einen weiteren Sprint zur Verbesserung der Erfahrung durchzuführen. Häufig ist man darauf fixiert, sich noch vor dem Iterationsprozess vollständige Klarheit über ein Problem zu verschaffen, aber mit der Zeit zeigt dieser Ansatz immer weniger Wirkung und kostet viel Zeit und Geld.
Kehre stattdessen zu deiner Schlüsselfrage zurück, die du in Schritt 1 definiert hast. In unserem Fall lautete sie: Was sind die drei Dinge, die ein*e Nutzer*in im Alter von über 55 Jahren beim Einkaufen mit wenigen Fingertipps erledigen möchte, während er oder sie in der Schlange vor einem Café steht?
Die Empathy Map hilft dir, dich auf die folgenden Punkte zu konzentrieren:
Obwohl Gespräche mit Menschen oft eine chaotische und verwirrende Erfahrung sind, hilft diese Methode ungemein beim aktiven Zuhören - vor allem, wenn du noch keine Erfahrung mit qualitativen Forschungsmethoden hast. Anstatt stundenlang Videomaterial oder Transkripte zu sichten und die Ergebnisse in einem PowerPoint-Deck zusammenzufassen, erstellst du aktiv eine visuelle Darstellung, die verwertbare Daten erfasst und die wichtigsten Erkenntnisse unmittelbar von den Nutzer*innen selbst aufzeigt.
Das Besondere an diesem Ansatz ist, dass du auf der Empathy Map anhand der Haftnotizen ein Muster erkennen kannst, das dir ein starkes Signal für Emotionen oder logisches Denken gibt.
Das Zusammenstellen dieser Daten wird so zu einer Aufgabe, auf die du dich freust und die das Team gemeinsam meistern kann. Du wirst dich möglicherweise dabei ertappen, wie du selbst die Worte deiner Nutzer*innen verwendest. Zum Beispiel: „Testteilnehmer*in X ist unsicher in Bezug auf die Sicherheitsaspekte auf Mobilgeräten. Wir brauchen eine Möglichkeit, ihm oder ihr zu versichern, dass seine oder ihre Daten sicher sind, wenn er oder sie seine oder ihre Kreditkartendaten während des Bestellvorgangs eingibt.“
Die Teams vertreten dabei die Interessen der Menschen, zu denen sie eine persönliche Beziehung haben. Und genau darum geht es bei großartigen digitalen Erlebnissen: Technologie aus Leidenschaft und Herz zu entwickeln und zu gestalten. Dies gilt als wesentliches Merkmal der erfolgreichsten Marken von heute, und es macht deine Arbeit um so vieles einfacher.
Henry Ford hat einst gesagt:
Wenn ich die Leute gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde.
Diejenigen, die Zweifel am Human-centered Design haben, glauben oft, dass wahre Innovation unabhängig von den Nutzer*innen durch einen einzigartigen visionären Geist wie Steve Jobs oder Henry Ford entsteht. Sie behaupten, dass gewöhnliche Menschen weder artikulieren können, was mit Technologie möglich ist, noch diese für nützliche Zwecke in ihrem täglichen Leben einsetzen können. Für sie ist es reine Zeitverschwendung, Zeit mit den Nutzer*innen zu verbringen, wenn es darum geht, zukunftsweisende Innovationen zu entwickeln.
Wenn wir jedoch daran zurückdenken, worauf Henry Ford’s Erfindung eigentlich basierte, war eine Sache ganz entscheidend: Die Nutzer*innen wollten schneller vorankommen. Auch wenn sie sich vielleicht nicht das Modell T von Ford vorgestellt haben, so wussten sie doch um die Herausforderungen, die ein Pferd und der Wagen mit sich brachten, und konnten die Probleme, die damit verbunden waren, daher gut einschätzen.
Das Gleiche gilt für das iPhone. Die Menschen schleppten einen iPod, ein GPS-Gerät für die Fahrt, einen Laptop für die Computerarbeit und ein klobiges Klapphandy zum Telefonieren oder SMS schreiben mit sich herum. Das soll Apples Technik- und Design-Fähigkeiten nicht schmälern, aber wenn du Nutzer*innengenau beobachtest und mit ihnen sprichst, kannst du dir ein besseres Bild davon machen, was sie wirklich brauchen. Das Problem wurde durch ihre Verhaltensmuster und Gewohnheiten klar definiert. Den Nutzer*innen ist es dabei egal, wie wir diese Erfahrungen entwickeln. Sie möchten schlicht und ergreifend ihre Ziele erreichen.
Das Einholen von Feedback ist dabei nur eine Seite der Medaille. Wenn du dich jedoch in die Bedürfnisse deiner Nutzer*innen einfühlst und deine Designentscheidungen danach ausrichtest, lernst du, wirklich auf die Wünsche deiner Nutzer*innen einzugehen und sie zu erfüllen.